Constanze Betzl & Christine Weghoff

„Klecks-Klang - Bewegen und Zeichnen zu Musik“

Wie kann man die Musik, die man hört, zuerst in Bewegung und dann in ein Bild umsetzen? Dies ist eine der Ausgangsfragen für ein spannendes Projekt, das Sport, Kunst und Musik miteinander verbindet.

Im.Puls - Seminar - Alexander-Schmorell-Schule - Transfer Zeichnung Musik - Photo copyright

Die drei Kasseler Künstlerinnen Maja Oschmann (Zeichnerin), Constanze Betzl (Flöte) und Christine Weghoff (Akkordeon / Klavier) aus Kassel haben zusammen die Schnittstelle zwischen Musik und Malerei erforscht und daraufhin eine eigene Klang- und Bildsprache entwickelt. Sie orientieren sich dabei an der Umsetzbarkeit musikalischer Strukturen, rhythmischer Bewegungen und Klangformen in Bildzeichen.
Punkte, Flächen, Linien und Klangfarben werden mit dem Pinsel und den Instrumenten zum Ausdruck gebracht. Die gemeinsame Bewegung, ähnliche Seh- und Hörerfahrungen und der Ausdruck ihrer Instrumente dienen als Medium des Transfers zwischen Klangbildern und Bildklängen.

Das Unterrichtsvorhaben

Um diese Erfahrung auch Grundschulkindern zu ermöglichen, wurde die Methode für die Schule adaptiert. Dieses Vorhaben kann in 4-5 Doppelstunden umgesetzt werden. Es geht darum, das Zeichnen zur Musik aus organischen Bewegungen zu entwickeln.
Die Kinder erfahren die Musik zunächst als körperliches Erlebnis. Dieser Bewegungsfluss setzt sich später im Zeichnen fort. Es wird mit drei Grundbausteinen gearbeitet: Trommeln, Luft und Schwan.
Die Musik als Tondokument eingespielt oder live auf Rahmentrommel und Strohhalm gespielt.

Im.Puls - Seminar - Transfer Zeichnung Musik - Photo copyright Christine Weghoff
Im.Puls - Seminar - Notenblatt - Transfer Zeichnung Musik - Photo copyright Christine Weghoff
Phase 1: Musik hören und sich dazu bewegen

Trommeln:
 Diese Übung ist gleichzeitig das Warm-Up. Alle stehen im Halbkreis. Die Lehrkraft beginnt, auf einer großen Rahmentrommel sanft die Fingerspitzen über das Fell trippeln zu lassen. Analog dazu reagieren die Kinder, indem sie mit ihren trippelnden Fingern über Oberschenkel, Beine, Bauch, Arme und Kopf wandern. Allmählich verändert sich der Klang hin zu einzelnen sanften Schlägen mit einem Abstand von einigen Sekunden. Schwer und federnd verteilen sie sich zeitgleich auf Trommelfell und Körper. Dazwischen entsteht ein Freeze. Das Tempo und die Anzahl der Schläge wird variiert, dabei wird darauf geachtet wird, dass das Abklopfen der Gliedmaßen sanft vonstatten geht.

Luft:
 Für dieses Spiel sitzen alle im Kreis auf dem Boden. Die Lehrkraft beginnt, durch einen Strohhalm zu pusten. Dabei wird mit dem Zeigefinger am Strohhalmende die Luft gestoppt, sodass ein leises, rhythmisches Ploppgeräusch entsteht. Daraus entsteht ein einfaches Rhythmuspattern, welches alle Kinder übernehmen.
Als Variante wird ein Wattebausch in die Mitte gelegt, das Pattern wird von den Kindern knapp über dem Boden in Richtung Wattebausch gepustet. Es wird beobachtet, wo er hinfliegt. Der Rhythmus sollte gleichmäßig beibehalten werden.

Schwan:
 Für diese Übung liegen alle Kinder im Raum flach auf dem Boden und schließen die Augen. Sie lauschen der Musik des „Schwans“ von Camille Saint-Saens. Der Titel des Stücks wird zunächst nicht verraten. Dann werden Begriffe und Assoziationen gesammelt: „Wie hat die Musik auf dich gewirkt? / War sie aufgeregt oder ruhig, laut oder leise? / Gibt es ein Tier, dessen Bewegungen gut zu der Musik passen?“ Vor dem zweiten Hören malen die Kinder im Sitzen drei große liegende Achten in die Luft. Sie folgen der Bewegung ihres Zeigefingers mit den Augen. Die Lehrkraft gibt leise Anweisungen: ganz klein, sehr groß, flach oder bauchig. Dann legen sich alle wieder auf den Boden und schließen die Augen. Die Kinder können nun der Musik mit dem Kreisen des Arms folgen.
Als dritten Schritt erhalten die Kinder bunte Chiffontücher. Zur Musik bewegen sie sich frei durch den Raum. Sie werden angeregt, verschiedene Ebenen (hoch und tief) zu nutzen und die liegenden Achten in ihren Bewegunsablauf einzubauen: „Wie fühlt es sich an? / Was ist deine Lieblingsbewegung? / Was sieht bei den anderen besonders toll aus?

Phase 2: Der Klecksklang-Rap

Dieser Rap führt inhaltlich in die vier Begriffe für die Zeichenphase ein: Trommeln, Luft und Schwan. Mit viel Spaß kann gegrooved werden. Zum Einüben des Raps steht oder sitzt die Gruppe im Kreis. Mit den Füßen beginnt ein gemeinsamer Puls. Jeder Takt besteht aus zwei Schritten: rechts und links wechseln sich ab in einem langsamen Metrum (halbe Note = 54).

Die Lehrkraft spricht dazu die ersten zwei Takte des Refrains vor: „Klecksklang, Klecks und Klang, Klecksklang, Klecks und Klang“. Die Kinder sprechen den Text mit. Die Koordination der Schritte mit dem Sprechtext sollte präzise sein. Die Strophen können zunächst vor- und nachgesprochen werden. Sie werden mit dem Refrain kombiniert durcg dem schwungvollen Auftakt „Wir rufen…“ Der linke Fuß gibt den Impuls! Nun kann auch mit dem Playback gearbeitet werden.

Im.Puls - Seminar - Wilhelmsgymnasium - Alexander-Schmorell-Schule - Abschlusskonzert - Suedfluegel Kulturbahnhof Kassel - Transfer Zeichnung Musik - Photo copyright Mike Wilfling
Im.Puls - Seminar - Live Performance Dock4 - Transfer Zeichnung Musik
Phase 3: Zeichnen zur Musik

Die Kinder sitzen an Tischen im Klassen- oder Kunstraum. Vor ihnen liegen weiße Blätter mit Makulaturpapier, der Japanpinsel steckt im Wasserglas, ein kleines Töpfchen mit Tusche und ein Strohhalm stehen bereit.

Trommeln:
 Die Pinsel werden in die Tusche getaucht und kurz abgestreift. Die Lehrkraft tupft einen einzelnen Schlag mit dem Finger auf die Rahmentrommel, analog tupfen alle Pinsel auf das Blatt. Dem „Freeze“ folgt ein neuer Schlag. Daraus entsteht ein Spiel: Die Anzahl der Schläge wechselt, die Lautstärke ändert sich. Es entwickelt sich ein Metrum, dem die Kinder gut folgen können, bis wieder ein „Freeze“ das Trommeln der Pinsel unterbricht. Bei Bedarf wird das Blatt gewechselt. Die Bilder werden nun betrachtet und besprochen: „Welche Klänge haben zu welchem Ausdruck geführt? / Führen die lauten Schläge zu dunkleren Farbtönen oder zu größeren Tupfen? / Wie sieht das Fingertrippeln auf dem Bild aus? / Waren die Trommelschläge und die Pinseltupfer gut koordiniert?“

Nachdem einige Parameter ausprobiert wurden (laut/leise, langsam/schnell, einzelne Schläge/rhythmische Folgen) wird das letzte Blatt für eine Gesamtkomposition aufgelegt. Es entsteht eine variationsreiche dynamisch-getupfte Zeichnung, einer grafischen Partitur gleich. Wichtig ist, dass während des „Konzerts“ nicht gesprochen wird. Aus der Stille entsteht die Musik.

Luft:
 Als Vorbereitung werden mit dem sauberen Pinsel „kleine Inseln“ des leeren Blattes mit Wasser gut angefeuchtet. Dann einige dicke Tuschetropfen neben die Wasserpfützen getupft. Nun pusten die Kinder durch den Strohhalm die Tusche voran. Sie verästelt sich in alle Richtungen und es entstehen kleine, pflanzenähnliche Organismen, die sich über das Blatt verteilen. Als nächstes beginnt die Lehrkraft aus der Stille heraus, Luftgeräusche (ohne Tongebung) auf einem Instrument zu produzieren. Ruhige Luftströme werden von den Kindern durch das Pusten in den Strohhalm gedoppelt, während die Tinte weiter übers Blatt wandert. Dann gibt es auch rhythmische Passagen, wie z.B. drei kurze Puster von einem langen Luftstrom gefolgt.

Nachdem auch hier eine kurze Reflexion stattgefunden hat, folgt nun wieder die „Konzertfassung“, die zu einem differenzierten Bild führt.

Schwan:
 In einer Aufwärmübung lernen die Kinder das neue Material, die Zeichenkohle, kennen. Die große liegende Acht wird nun auf das Blatt übertragen. Die Kinder zeichnen in einer fortlaufenden Bewegung; bei jeder neuen Runde verdichten sich die Linien. Falls die Kohle zerbricht, kann mit kurzen Kohlestückchen weiter gezeichnet werden, es gilt: je lockerer desto besser. Auf einem neuen Blatt entwickeln die Kinder eine eigene fortlaufende Linienführung, in die kleine und große Achten eingebaut wird.

Anschließend wird wieder „Der Schwan“ von Camille Saint-Saens eingespielt. Mit der Zeichenkohle folgen die Kinder in einer fließenden Linie der ruhigen Bewegung eines Schwanes, der sanft über das Wasser gleitet. Es entstehen weiche Linien und Ellipsen auf dem Blatt.