Einleitung

Dieses Tutorial beginnt – anders als die übrigen –mit der Stimme. Diese eignet sich sehr gut, um die Linienführung mit ihren vielen Variationen und musikalischen Gestaltungsmöglichkeiten zu erkunden. Sie können den Transfer von Bild und Musik sofort erleben: Die Stimme folgt der Linienführung der Hand. Ein Kartenlegespiel mit gepfiffenen Linien leitet sie zu einer eigenen BildKlang-Komposition.

Klangerzeuger

Erweiterte Spieltechniken auf Ihrem Instrument
pfeifen
summen, lange Vokale, lange Silben, Melodien mit langen Vokalen

Tutorial

A | Exploration und Improvisation
  1. Die gerade lange und kurze Linie:
    1. Singen Sie einen geraden langen Ton auf den Vokal A. Zeichnen Sie die Bewegung der Linie dazu mit der Hand waagerecht in der Luft mit. Wovon hängt die Länge ihres Tones ab? Von der Dauer des Verklingens? Von der Dauer der zur Tonerzeugung notwendigen Luft? Von einer bewussten Entscheidung, den Ton an dieser Stelle zu beenden?
    2. Singen Sie als Kontrast einen kurzen Ton auf A und führen Sie die Hand mit. Wie kurz kann die Linie sein, damit sie nicht zu einem Punkt wird?
    3. Zeichnen Sie (vergleichbar dem Warm-up Fliegende Striche) viele gerade Striche in die Luft. Singen Sie dazu kleine Melodien auf lalala und spielen Sie mit dem Tempo: mal viele schnelle kurze Striche und mal ausgiebige lange Striche.
  2. Die gebogene Linie / Glissando:
    1. Zeichnen Sie in der Luft eine lange gebogene Linie, die aufwärts führt.
    2. Wiederholen Sie die Bewegung und singen Sie beim zweiten Mal begleitend dazu auf der Silbe si. Ihre Stimme folgt der Bewegung: Sie beginnen in der unteren Lage und führen auf einen Atem den Ton stufenlos in die Kopfstimme.
    3. Wiederholen Sie den Vorgang auch in einer Abwärtsbewegung.
    4. Variieren Sie das Tempo. Wird die Linie kürzer, wenn Sie das Glissando schneller ausführen?
  3. Die gewellte Linie:
    1. Ein Experiment: Singen Sie so leise und so lange wie es geht auf einen Atem den Vokal i. Hören Sie sich genau zu! Bleibt die Linie gerade oder beginnt sie fein zu wackeln?
    2. Wiederholen Sie den Vorgang, singen aber nun bewusst eine winzige Auf-und Abbewegung in Ihrer Linie. Führen Sie die Hand fein mit.
    3. Nun erhöhen Sie die Amplitude. Gehen Sie von Ihrem Grundton aus und bewegen sich von dort aus im Glissando auf-und abwärts. Der Ausschlag in den Tonhöhen wird größer. Verändern Sie das Tempo!
    4. Bei einem schnellen Wechsel von einem Hauptton zum nächsthöherliegenden Ton und zurück spricht man in der Musik von einem Triller. Probieren Sie es aus! Die Hand bewegt sich in einer sehr kleinen Amplitude rauf und runter und wackelt rauf und runter.
    5. Eine noch geringfügigere Veränderung der Frequenz eines gehaltenen Tones bezeichnet man in der Musik als Vibrato. Sie kennen es vielleicht aus der Oper, wo es sehr bewusst als dramatisches Mittel eingesetzt wird. Probieren Sie mit Vibrato den Text: So, ja so! oder Süß, wie süß! zu singen. Wenn Sie die Stimme frei schwingen lassen, stellt sich ein natürliches Vibrato ein. Singen Sie danach den gleichen Text noch einmal ohne Vibrato. Ein echter Unterschied!
3108 Klangbild - Tutorial Linie Gerade Gebogen - IM.PULS - Transfer Zeichnung Musik - Image copyright Constanze Betzl & Christine Weghoff
B | Kartenspiel mit gepfiffenen Linien

Sie haben nun eine breite Palette von geraden, gebogenen und gewellten Linien klanglich untersucht. Da weder unser Körper, die Natur, noch unser häusliches Umfeld viele Klangerzeuger bietet, die Töne erzeugen können, die stufenlos in der Tonhöhe veränderbar sind, haben wir uns in dieser Übung für das Pfeifen entschieden.

  1. Nehmen Sie sich drei leere Karten. Markieren Sie auf jedem Blatt links und rechts die vertikale Mitte mit einem Punkt (siehe Abbildung). An diesem Punkt beginnt und endet die Linie, die sie auf die Karte zeichnen werden, sodass Sie die Karten aneinanderlegen können. Nun zeichnen Sie auf jede Karte eine Linie, die jeweils eine Facette aus den Übungen bedient. Die Linie kann gerade beginnen, auf und absteigen, sich plötzlich wellen usw.
  2. Pro Karte wird nun der Weg der abgebildeten Linie auf einen Atemzug gepfiffen. Fahren Sie mit dem Finger die Linie nach und variieren Sie entsprechend den Pfeifton in der Tonhöhe. Spielen Sie die drei Karten nacheinander.
  3. Ordnen Sie die Karten neu an. Sie können Sie auch auf den Kopf stellen. Entscheiden Sie, welchen Verlauf Sie am besten finden.
  4. Zeichnen Sie drei neue Karten und verfahren Sie mit diesem nach dem gleichen Prinzip.
  5. Nun legen Sie alle sechs Karten nebeneinander und spielen Sie jede Linienführung genau ab. Gerne können Sie noch einmal neu sortieren, die Reihenfolge und auch die Spielrichtung noch einmal ändern.
C | Bildvertonung / Interpretation

Vertonen Sie das Linienbild von Maja Oschmann.

  1. Betrachten Sie das Bild. Gibt es Linien, die Sie bisher in Ihrem Repertoire noch nicht benutzt haben. Wie sind die Linien angeordnet?
  2. Entscheiden Sie sich für Stimme, Pfeifen oder ein Instrument. Probieren Sie zuerst aus, wie einzelnen Linien klingen. Entscheiden Sie sich beim Singen für bestimmte Vokale, Silben oder Worte.
  3. Überlegen Sie, in welcher Reihenfolge Sie das Bild interpretieren möchte. Wo wäre ein guter Einstieg? Was wäre ein guter Schluss?
  4. Probieren Sie verschiedene Interpretationen aus und nehmen die Fassung als Audiodatei auf, die Ihnen am besten gefällt. 
D | Komposition

Nun entwickeln Sie eine eigene Bildklang-Verbindung. Zeichnen Sie ein Bild, das Ihnen die schönsten klanglichen Linienführungen entlocken wird. Machen Sie eine Audioaufnahme und geben Sie der Komposition einen sprechenden Titel.

Zu gerade / gebogene Linien: Pfeifen und singen passt:

In dieser Übung folgen Sie auf- und absteigenden sowie trillernden Schmetterlingsmelodien. Entsprechend unterschiedlicher Melodieverläufe der Flöte finden Sie abwechslungsreiche interessante Linienformen.
Das Glissando bezeichnet in der Musik die kontinuierliche (gleitende) Veränderung der Tonhöhe. Hier geht es aus dem An- und Abschwellen einer allmählich dünn und dick werdenden Kohlelinie hervor, die sich in verschiedene Richtungen des Raumes neigt. Dieser atmosphärische „Walgesang“ der Flöte eignet sich, vielseitige Linienverläufe und Formgebungen zu entdecken. Gleichzeitig fördert er Ruhe und Konzentration.
In dieser Aufwärmübung kommen Sie in eine freie Bewegung und entdecken die schöne Vielseitigkeit unterschiedlicher Linienformen. Harmonisch auf- und absteigende Schmetterlingsakkorde und dynamisch trillernde Flügelschläge animieren zu gebogenen, geschwungenen, gewellten, dicken und dünnen Linien.
In dieser Übung entwickeln Sie gewellte Vibrato-Linien in unterschiedlichen Tempi, zeichnen mit verschiedenen Zeichenwerkzeugen und variieren in Tonwerten. Obwohl Sie sich dabei stets auf den Parameter „gewellt“ reduzieren, öffnet sich eine Welt unterschiedlicher Klangbilder. Entdecken Sie das Geheimnis der Reduktion und die wunderbare Vielfalt der Variation.